Bauernhof & Lebensmittelladen

Ein Hauch Nostalgie ist auch mit dabei

In den „Onkel Alex“-Läden verkaufen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Alexianer regionale Lebensmittel und Produkte ihrer Werkstätten.

Das ist eine Riesenchance für die Menschen hinter dem Tresen. Aber auch für die Gesellschaft, die ihnen begegnet und so gelebte Inklusion kennenlernt.

Mit dem Saisonkalender der Landwirte kennen sich heute nur noch die wenigsten aus. In den „Onkel Alex“-Läden in Hiltrup, Telgte und Wolbeck, einer Ladenkette mit regionalen Produkten, die von den Alexianern betrieben wird, lässt sich das verloren gegangene Wissen allerdings wieder erlernen. „Jetzt im Winter gibt es zum Beispiel Wirsing, Weißkohl und Steckrüben“, sagt Petra Mussenbrock, als sie an diesem Tag die erste freie Minute hat. „Im Frühjahr und Sommer dann Paprika und Tomaten, im Herbst Kartoffeln und Rote Beete. Dazu Eier und Milch.“ Lieferanten sind Landwirte wie der Milchhof Fockenbrock in Telgte, aber auch Behinderteneinrichtungen wie der „Hof Lohmann“ in Warendorf oder der Kiebitzhof in Gütersloh, auf dem Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenarbeiten. „Alles Höfe aus der Region.“ Das heißt: keine Bananen, keine Orangen und auch keine Kiwis.

Mussenbrock könnte noch lange so reden, während sie durch den „Onkel Alex“-Laden in Telgte geht. Neben Lebensmitteln, zu denen selbstverständlich auch Saft aus der Region und Brot aus der hauseigenen Bäckerei zählt, liegen Postkarten, Kerzen, Gläser, Holzkästen und Pullover – alles Waren, die in Werkstätten der Alexianer entstanden. „Und wenn Sie vor einer Stunde durch die Tür gekommen wären, hätten Sie auch Kinder gesehen, die sich Zuckertüten mit Schleckmuscheln und Brausebonbons und dergleichen füllen.“ Wie früher in „Tante Emma“-Läden, auf die der Name „Onkel Alex“ anspielt.

„Eine unglaublich positive Entwicklung“

Wichtiger als das Sortiment ist Mussenbrock allerdings die Idee des von ihr geleiteten Projekts: „Die Menschen, die hier arbeiten, sind Menschen mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen“, sagt sie. „Über die Läden ermöglichen wir ihnen ein spannendes Arbeitsleben. Sie werden noch besser als früher in die Gesellschaft integriert.“

Das geht nicht immer reibungslos vonstatten: „Manchmal bekommen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durchaus noch unbedachte Bemerkungen zu hören.“ Nicht jeder Kunde ist darauf eingestellt, im „Onkel Alex“ auf Menschen zu treffen, die möglicherweise etwas langsamer agieren als gewohnt, zittern oder nur mithilfe von Bildern auf den Tasten (ein Stück Fleisch, ein Stück Gemüse) kassieren können.

Aber die Begegnungen seien jetzt, zwei Jahre nach Eröffnung des ersten Ladens, schon sehr viel selbstverständlicher geworden. Die Kunden kommen immer wieder. „Und die Leute, die bei ,Onkel Alex‘ arbeiten, sind sehr stolz darauf, Alexianer-Produkte verkaufen zu dürfen. Sie machen eine unglaublich positive Entwicklung durch.“ Manche Rentner kommen mittlerweile sogar häufiger als nötig vorbei. Weil sie das Schwätzchen an der Kasse so schätzen.

Ganz ähnlich ist das bei den Alexianern in Aachen. Auch dort gibt es einen „Onkel Alex“ mit regionalen Produkten, der sich in Kornelimünster befindet. Allerdings ist die Struktur in der Region Aachen eine etwas andere als in Münster: Der „Onkel Alex“-Laden hat wesentlich mehr zugekaufte Lebensmittel, da er der einzige Nahversorger in dem kleinen Ort ist.

Außerdem gibt es in Aachen den Bio-Bauernhof „Maria Haus“ – schon seit den 1990er-Jahren, umgeben von Gewächshäusern und Feldern. Das zugehörige historische Gebäude wurde einst von Alexianerbrüdern bewohnt. Sie waren es, die zunächst die Felder bestellten und das Alexianer-Krankenhaus in Aachen versorgten, bis Menschen mit Behinderungen in der Anlage einzogen und der Hofverkauf anfing. „Maria Haus“ wurde bekannt, Kindergarten- und Schulkinder schauen sich heute regelmäßig an, wo das Gemüse herkommt, streicheln Ziegen, Schafe, Hühner und Schafe.

„Und unsere Hofprodukte sind schon seit 1996 bio-zertifiziert“, sagt Birgit Nievelstein, die Direktorin des Alexianer Wohn- und Beschäftigungsverbundes Aachen, „auch deshalb kommt man her.“ Wobei sich das Interesse an den Produkten für die meisten Kunden im Hofladen von „Maria Haus“ mit dem Wunsch mischt, beim Einkauf auch etwas Gutes für andere Menschen zu tun.

Für Petra Mussenbrock in Münster sind die „Onkel Alex“-Läden und „Maria Haus“ ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich der gesellschaftliche Umgang mit behinderten Menschen zu einem Umgang auf Augenhöhe entwickeln kann. Sie ist an diesem Tag schon seit neun Uhr im Laden, hat mit ihren beiden Mitarbeiterinnen die Kühltheke und die Regale aufgefüllt, den Gemüsewagen vor die Tür geschoben und die Brotlieferungen entgegengenommen. Seitdem brummt es im „Onkel Alex“, nur die Mitarbeitenden haben von der Vormittags- auf die Nachmittagsschicht gewechselt. Jetzt ist es achtzehn Uhr, der kleine Laden in Telgte schließt. Wegräumen, Kasse machen, durchsaugen – Feierabend.


nach oben