Meryam Schouler-Ocak

Prof. Meryam Schouler-Ocak
Prof. Meryam Schouler-Ocak

Wir stellen beispielhaft Alexianer vor, die Besonderes leisten. Tag für Tag, Woche für Woche. Heute: Prof. Dr. med. Meryam Schouler-Ocak, Leitende Oberärztin der Psychiatrischen Institutsambulanz in der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus Berlin und Leiterin des Fachbereichs Interkulturelle Migrations- und Versorgungsforschung, Sozialpsychiatrie.

Als Meryam Schouler-Ocak 1970 als 7-Jährige nach Deutschland kam, waren ihre Eltern längst dort. Ihre Großeltern hatten sie und ihre Schwester in der türkischen Heimat aufgezogen, während Mutter und Vater in Deutschland als Gastarbeiter malochten: ihr Vater bereits seit 1964 in Duisburg unter Tage, ihre Mutter seit 1968 im Akkord in einer Blechwarenfabrik. Dass sie einmal Professorin und Leitende Oberärztin werden und das Thema Migration sie für den Rest ihres Lebens beruflich begleiten und antreiben würde, war da noch nicht abzusehen.

Arbeitsmigranten wurden nicht gefördert

"Meine Eltern wollten ihren fünf Kindern ein besseres Leben bieten, als sie selbst es hatten – das ist ihnen gelungen. Dafür haben sie schwer gearbeitet und dafür bin ich ihnen sehr dankbar", erzählt Schouler-Ocak. Bis zum Abitur habe sie kein eigenes Zimmer gehabt, in der Wohnung habe es nur einen Tisch gegeben und die Kinder seien meist auf sich selbst gestellt gewesen: "Jemanden, der sich um uns gekümmert hat, gab es nicht. Unsere Mutter war zum Frühstück bereits bei der Arbeit." Ohne Sprachkenntnisse in ein fremdes Land zu kommen, für ihre Eltern später bei Behörden- und Arztbesuchen übersetzen zu müssen und festzustellen, dass Arbeitsmigranten nicht gefördert und integriert wurden, hat Schouler-Ocak geprägt. 

Unermüdlicher Einsatz für Menschen mit Migrationshintergrund

Schon bei ihrer Facharztausbildung zur Neurologin hat sie in einer großen Psychiatrie in Niedersachsen festgestellt, dass Ärzte und Behandlungskonzepte nicht auf die Bedürfnisse für Menschen mit Migrationshintergrund ausgerichtet waren: "Erst als ich anfing, türkisch mit den Patientinnen und Patienten zu sprechen, haben sie sich mir geöffnet. Und plötzlich kamen auch Russen, Griechen, etc. – offenbar, weil sie endlich jemanden hatten, der die Komplexität einer Migration am eigenen Leibe erfahren und sie sich nicht nur angelesen hatte."

Seit damals setzt sie sich dafür ein, dass der Zugang zur Psychiatrie für Menschen mit Migrationshintergrund nicht von einzelnen Personen getrieben ist, sondern institutionalisiert wird, für alle gleich gut und gleichberechtigt funktioniert.

Und wie geht die engagierte Ärztin persönlich mit den Schicksalen ihrer Patientinnen und Patienten um? "Vieles lässt sich nach den vielen Jahren professionell zur Seite schieben, bei akuten Fällen, vor allem bei schwerst traumatisierten Menschen aus Afrika oder aktuell aus der Ukraine ist das nicht immer so einfach."

Sie habe schon immer darauf geachtet, nicht in direkter Nähe zu ihrer Arbeitsstelle zu wohnen, sondern mindestens eine halbe Stunde entfernt: "Auf der Fahrt etwas lesen zu können oder Musik zu hören, also einfach mal abzuschalten und nicht an die Arbeit zu denken, hilft ungemein Abstand zu gewinnen."

Auch die Strukturen und die Wertschätzung bei den Alexianern würden helfen. "Besonders schätze ich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Platz für Religiosität erhalten – und zwar unabhängig von ihrer Religion.