Marie Möller

Marie Möller

Wir stellen beispielhaft Alexianer vor, die Besonderes leisten, Tag für Tag, Woche für Woche. Heute: Marie Möller, Krankenschwester für Anästhesie im Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe.

 

Marie Möller arbeitet als Krankenschwester auf der Intensivtherapiestation (ITS). Trotz dieser fordernden Arbeit engagiert sie sich zusätzlich in ihrer Freizeit als Freiwillige im Medicalteam auf dem Seenotrettungsschiff Sea-Eye, dass es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen in Seenot vor dem Ertrinken zu retten.

Frau Möller, wie kam es dazu und wie lange engagieren Sie sich schon in der Seenotrettung?
Ich beschäftige mich schon seit geraumer Zeit mit dem Thema Migration und Flucht, insbesondere im Mittelmeer. Dazu kommt meine Ausbildung als Pflegefachkraft, da lag es nahe, beides zu verbinden und mich aktiv zu engagieren. Dies war meine zweite Mission.

Welche Tätigkeiten üben Sie auf der Sea-Eye aus und welche Voraussetzungen mussten Sie mitbringen?
Auf dem Schiff arbeite ich im Medicalteam gemeinsam mit einer Ärztin und einem Rettungssanitäter. Wir sind für die medizinische Versorgung der Geretteten zuständig. Voraussetzung ist, dass man sich mit dieser Thematik schon einmal beschäftigt, bzw, engagiert hat, und Erfahrung in der Notfall- oder Intensivmedizin hat.

Kann man die Tätigkeit auf dem Rettungsschiff mit der Arbeit auf der Intensivstation im Krankenhaus Hedwigshöhe vergleichen?
Vergleichbar ist eigentlich nur, dass man nicht weiß, was einen erwartet und in welchem Zustand die Patient*innen sind. Ansonsten ist es eine außergewöhnliche und extreme Situation, weil man komplett auf sich gestellt ist und nur wenige Ressourcen zu Verfügung hat.

Wie organisieren Sie Ihre Einsätze? Schließlich ist es weit bis zur See.
Ich plane die Einsätze weit im Voraus, damit ich rechtzeitig freigestellt werden kann und mich dann ganz und gar auf den Einsatz konzentrieren kann.

Wie läuft üblicherweise so eine Rettung ab?
Jede Rettung ist anders: Normalerweise sichtet man ein Boot in Seenot oder bekommt eine Notfallmeldung mit den Koordinaten. Dann begibt sich das Rettungsschiff dort hin; zwei schnelle Rettungsboote werden zu Wasser gelassen, die sich zu dem Boot begeben. Nach der Ankunft werden Rettungswesten verteilt und die Personen an Bord gebracht. Dort beginnt unsere Arbeit. Zunächst wird triagiert; Notfälle kommen direkt in unser kleines Hospital direkt an Bord. Alle anderen werden registriert und mit Decken, Wasser und Essen versorgt.

Gibt es Erlebnisse, die Sie besonders gefordert haben?
Auf meinem letzten Einsatz hatten wir eine besonders schwierige Rettung. 45 Menschen saßen in einem kleinen Boot. Sie waren bereits seit fünf Tagen unterwegs. Die Menschen waren in Benzin getränkt, als wir sie an Bord holten. Sie hatten tagelang in einer Mischung aus Benzin, Erbrochenem und Urin gesessen. Rein körperlich war das Hauptproblem die Unterkühlung; einige hatten nur noch eine Körpertemperatur von knapp 34,0 Grad. Auch mit Dehydrierung hatten viele zu kämpfen. Durch die Mischung aus Benzin und Salzwasser hatten 18 Menschen schwere bis mittelschwere Hautverätzungen. Wir hatten zum Schluss kein Verbandsmaterial mehr. Die drei Schwerstverletzten mussten im Hafen von Livorno direkt in ein Brandverletzungszentrum gebracht werden.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie den Menschen helfen können?
Auf dem Schiff ist die Hilfe ganz unmittelbar und konkret – wo man helfen kann – hilft man. Das Gefühl von Hilflosigkeit kommt aber dennoch auf, weil Europa und insbesondere Italien eher gegen statt mit den Seenotrettungsorganisationen arbeiten. Das ist mir unverständlich!

Können Sie nach einem solch wochenlangem Einsatz nahtlos Ihre „normale“ Tätigkeit als Krankenschwester auf der Intensivstation im Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe fortführen, oder benötigen Sie erstmal eine Auszeit?
Auf jeden Fall eine Auszeit, da es körperlich, aber auch mental, sehr anstrengend ist. Ich habe mir bewusst zwei Wochen Urlaub genommen um dann wieder mit Energie durchzustarten zu können.