Ein Kommentar von Claudia Kirnich-Müller, Pflegedirektorin im Alexianer St. Josefs-Krankenhaus Potsdam
Nach § 26e Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) werden für das Daten-Jahr 2021 erneut Sonderleistungen aufgrund von besonderen Belastungen durch die SARS-CoV-2-Pandemie geleistet. Hierfür wurde vom Bund insgesamt eine Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt. Krankenhäuser, in denen 2021 mehr als zehn Corona-Patienten länger als 48 Stunden beatmet wurden, erhalten 500 Millionen zur Auszahlung der Einmalzahlung. Dies sind laut Bundesgesundheitsministerium 837 Kliniken in Deutschland. Die individuelle Bonushöhe ist abhängig von der Gesamtzahl der Bonusberechtigten in den Krankenhäusern.
Allerdings gelten die Sonderleistungen, der sogenannte „Pflegebonus“, ausschließlich für dreijährig examinierte Pflegefachkräfte und Intensivpflegefachkräften auf bettenführenden Stationen.
Jedoch wurden dabei ganze Bereiche in Krankenhäusern, wie z.B. die Pflege in der Diagnostik, der Notaufnahme oder im Operationssaal und der Anästhesie ausgeschlossen. Außerdem ist die Eingrenzung auf dreijährig examinierte Pflegefachkräfte und Intensivpflegefachkräften völlig unzureichend und somit ungerecht.
Die pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten unter Coronabedingungen wird im Krankenhaus viel breiter geschultert!
Durch die Nichtberücksichtigung z.B. der Krankenpflegehelfer*innen, Pflegehelfer*innen, Servicekräfte und Krankenpflegeschüler*innen wird ein Keil in die Berufsgruppe der Pflege getrieben. Diese Kolleginnen und Kollegen leisteten und leisten dazu einen entscheidenden Beitrag, gehen aber alle leer aus.
Die Verteilung des „Pflegebonus“ an Qualifikationen und Arbeitsorte zu knüpfen, führt zu Unverständnis und Unmut. Diese Polarisierung wird von vielen meiner Kolleginnen und Kollegen als ungerecht empfunden.
Der „Pflegebonus“ sendet ein unwürdiges Signal an all jene, denen die Corona-Krise alles abverlangt hat. Es stellt sich gleichsam die Frage, ob sporadische Bonuszahlungen überhaupt die angemessene Anerkennung für das Durchhaltevermögen in der Pflege sind.
Die Interessenvertretungen der Pflegeberufe bundesweit fordern seit Jahren die Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Ausübung dieses wichtigen und überaus interessanten Berufes. Die Politik wiederum tut sich mit Reformen schwer und zeigt sich unentschlossen, beeinflusst und träge. In der Folge denken viele meiner Kolleginnen und Kollegen inzwischen darüber nach, dem Beruf den Rücken zuzukehren.
Neue Rahmenbedingungen müssen her, um die drohenden Berufsausstiege professionell Pflegender zu verhindern und interessierte Menschen für die Berufsausbildung und anschließende Tätigkeit in der Pflege zu begeistern!