Ein Trainingsprogramm für Eltern mit psychischen Störungen
Im Strudel moderner Erziehungsratgeber mit ihren unterschiedlichen Ansätzen, Geboten und Empfehlungen droht oftmals der Verlust des eigenen Kompasses. Wenn zudem eine psychische Erkrankung besteht, erscheint es für viele Eltern schwer, sich in die neue Rolle einzufinden. Ein neues wissenschaftliches Trainingsprogramm für Eltern mit psychischen Störungen soll dabei unterstützen, mehr Sicherheit im Hinblick auf erzieherisches Verhalten zu gewinnen.
Die Eltern-Kind-Studie UBICA-II (Understanding and Breaking the Intergenerational Cycle of Abuse), die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und von Professor Felix Bermpohl, Chefarzt der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus, geleitet wird, verfolgt das Ziel, den Teufelskreis der Weitergabe von psychischen Belastungen auf das Kind durch ein mehrwöchiges Elterntraining besser zu verstehen und zu unterbrechen.
Hierfür verwendet das Programm den sogenannten mentalisierungsbasierten Ansatz. Mentalisieren bezeichnet eine imaginative Fähigkeit, die uns ermöglicht, das Verhalten der Mitmenschen in Bezug auf ihre Wünsche, Gefühle und Absichten besser zu verstehen.
Stärkung der Eltern-Kind-Bindung steht im Vordergrund
Während des Elterntrainings wird das Hineinversetzen in Gefühle, Gedanken und Pläne des Anderen, insbesondere des Kindes, gefördert und gestärkt. Das Programm zielt nicht darauf ab, die „richtigen“ erzieherischen Maßnahmen zu erlernen. Vielmehr stehen Selbstreflexion, Einfühlungsvermögen, Perspektivübernahme, elterliches Verständnis und die Stärkung der Eltern-Kind-Bindung im Vordergrund.
Somit soll vermieden werden, dass psychische Belastungen der Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Darüber hinaus werden in der Studie, die das Elterntraining begleitet, verhaltensbezogene und neuronale Wirkmechanismen anhand von Computeraufgaben und mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomografie untersucht.
Eltern eines Kindes bis zum 15. Lebensjahr können teilnehmen
Alle stationären, teilstationären und ambulanten Patientinnen und Patienten, die im Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee oder im St. Hedwig-Krankenhaus behandelt werden und ein Kind zwischen null und 15 Jahren haben, können an dem Elternprogramm teilnehmen. Das mehrwöchige Elterntraining findet im St. Hedwig Krankenhaus statt, wo auch die Wirksamkeitsmechanismen, Langzeiteffekte sowie die Alltagstauglichkeit dieses Trainings untersucht werden. Die Termine zur wissenschaftlichen Testung sind mit einer finanziellen Aufwandsentschädigung verbunden.
Die Eltern-Kind-Studie wird von Medizinern, Mitarbeitenden der Pflege, des Sozialdienstes und der Ergotherapie begleitet. Die Intervention ist leicht zu erlernen, kurz und nicht kostenintensiv. Somit wird gewährleistet, dass das Elterntraining zukünftig in weiteren Einrichtungen in die Regelversorgung integriert und dort umgesetzt werden kann.
Eltern-Kind-Studie UBICA II schließt eine Lücke
Durch die Zuwendung zu Kindern, die dem Risiko ausgesetzt sind, selbst eine psychische Störung zu entwickeln, und damit zu einer bisher benachteiligten Patientengruppe gehören, schließt die Eltern-Kind-Studie UBICA II eine große Lücke im psychiatrischen Versorgungssystem.
Karolina Wübken, Assistenzärztin, Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee
Interessierte Eltern können sich über folgende E-Mail oder telefonisch über die Studie informieren:
E-Mail: elterntraining@charite.de
Tel.: (01520) 7165 173